– ein Gastbeitrag von Axel Gnädinger
Versicherungen führen in unserem Alltagsbewusstsein gerne eine untergeordnete Rolle, es sei denn es passiert ein Schaden oder man sortiert seine Kontoauszüge.
Jeder macht sich so seine persönliche Landkarte zum Thema Versicherung, ordnet von unwichtig bis unheimlich wichtig ein. Mit der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im NLP, dem Coachen oder Trainieren von Dritten gegen Geld, gewinnt das Thema Berufshaftpflichtversicherung an Bedeutung. So manche Landkarte braucht dann ein Facelifting.
Passieren kann viel und deshalb möchte ich mit den folgenden nachvollziehbaren Schadensfällen die Phantasie etwas anregen.
Fall 1: Karin fühlte noch, da ist etwas großes, kühles im Wege, dann kippte der Wasserspender. So nahm die Übung im Flur mit verbunden Augen ein schnelles Ende. Der Holzboden bekam ein Bad, der Kursveranstalter später die Rechnung von mehreren Hundert EUR.
Einschätzung: War der Abschnitt für die Übung geeignet? Waren die Teilnehmer richtig informiert? Wer bezahlt den Schaden? Es hängt vom Einzelfall ab.
Fall 2: Im Laufe einer Gruppenübung im Freien rutscht eine Teilnehmerin erst aus, dann schreiend den feuchten Hang hinunter. Dabei erleidet sie einen komplizierten Knöchelbruch.
Schnell sieht die Krankenkasse ein Fremdverschulden. Der betreffende Weg sei ungesichert und deshalb träge der Veranstalter (Coach/in) die Verantwortung. Heilbehandlung und Verdienstausfall schlagen mit rund 5000 EUR zu Buche.
Einschätzung: Verantwortliche haben für die Sicherheit zu sorgen und die Fähigkeiten von Teilnehmern zu berücksichtigen. Eine Haftpflicht tritt bei Verschulden für den Schaden ein.
Fall 3: Am Ende des langen Praktitioner-Wochenendes sind die Teilnehmer müde und das mag sich auf den Wasserschlauch in der Küchenecke des Tagungsraumes übertragen haben. Er platzt unbemerkt und so sickern langsam Hunderte Liter Wasser in das Stockwerk darunter.
Einschätzung: Die Folgen schmecken so bitter wie das Wasser beim Wiederaustritt durch die Holzdecke. Kosten von vielen 1000 EUR sind keine Seltenheit und der Verursacher hat sie zu tragen. Im Rahmen der Berufshaftpflichtversicherung ist der Schaden an Dritten versichert.
Fall 4: Im Mülleimer gelandet, noch immer zwischen Papierstapeln versteckt oder aus Versehen mitgenommen, der Schlüssel zu den Seminarräumen bleibt verschwunden. Je nach Schließanlage kann das sehr teuer werden. Bei einer guten Haftpflichtversicherung ist der Verlust von Schlüsseln und Codekarten mitversichert.
Fall 5: Im Vortragssaal des NLP-Kongresses bricht Feuer aus. Zwei Teilnehmer finden den Notausgang nicht, erleiden schwere Rauchvergiftungen und bleiben wochenlang arbeitsunfähig. Die Fluchtwegebeschilderung im Gebäude war mehrfach durch die von Co-Trainer und Helfern aufgehängten Plakate, Flipchartseiten verdeckt und somit uneinsehbar.
Einschätzung: Als selbstständiger NLP-Coach/in trägt man Verantwortung für Fehler des unterstellen Personals. Im beschriebenen Fall drohen neben den Personen- und Sachschäden, die vom Versicherer getragen werden, sogar strafrechtliche Konsequenzen.
Was können wir daraus lernen?
Schäden passieren auf den unterschiedlichsten Wegen und sind ab einer gewissen Höhe aus der eigenen Tasche kaum bezahlbar. Das Argument „Ich pass schon selbst auf“ ist keine Garantie für Schadenfreiheit. Wo andere handeln (Personal) oder Verantwortung über Sachen (Praxen, Geschäftsräume) besteht, schwingt immer Risiko mit.
Abwehr unberechtigter Ansprüche, die unbekannte Seite der Berufshaftpflichtversicherung!
Für Berufe aus Heilwesen, Therapie und Persönlichkeitsentwicklung sticht ein wichtiger Aspekt unter den Leistungen hervor, die Abwehr unberechtigter Ansprüche.
Grundlage für eine Entschädigung an Dritte ist stets das Verschulden, beispielsweise durch Unachtsamkeit, Fahrlässigkeit. Was aber wenn überhaupt keine Schuld anzulasten ist, doch der mutmaßliche Geschädigte trotzdem zum Anwalt geht?
Hierzu ein Beispiel. Einen Tag nach dem Coaching erfährt die Teilnehmerin eine affektive Psychose. Angehörige rufen ständig an, drohen mit Klagen. Der Coach hätte aufgrund der psychischen Vorbelastung nie tätig werden dürfen, das hätten ihnen „Fachleute“ bestätigt.
Auf die Schockstarre folgt die Erkenntnis, sich so oder so wehren zu müssen. Die Haftpflichtversicherung kann nicht den Hauch eines Verschuldens erkennen und es folgt ein Gerichtsverfahren. Dort stellt sich heraus, der Coach hat nicht falsch gehandelt, eine Vorbelastung war nicht erkennbar. Ohne Haftpflicht hätte der Coach hier die komplette Abwehr selbst organisieren und bezahlen müssen.
So mancher Leser mag sich spätestens jetzt die Frage stellen, ob das alles so gefährlich ist und ob ständig etwas passiert.
Die gute Antwort: Nein! NLP ist nicht schadensträchtig, die meisten NLP-Berufsleben dürften komplett ohne Haftpflichtschaden verlaufen. Das klingt nicht nur beruhigend, es führt sogar zu günstigen Jahresbeiträgen in der Berufshaftpflichtversicherung.
Praxistipp: Angestellte sind im Regelfall über den Arbeitgeber versichert, als Selbstständige müssen sich selbst versichern und bei freien Mitarbeitern ist ein Blick in den Vertrag sinnvoll.
Konnte ich Dir beim Facelifting der Versicherungs-Landkarte etwas helfen? Es würde mich freuen!
Über den Autor
Axel Gnädinger lebt in der Nähe von Freiburg im Breisgau, betreibt die Seite www.heilberufeschutz.de und macht gerade eine NLP-Ausbildung bei uns. Falls Du Fragen hast, kannst Du Dich gerne an ihn wenden.