Körper (Body)
Definition
Im NLP ist der Körper nicht lediglich ein biologisches Objekt oder Träger von Symptomen, sondern ein integraler Bestandteil der geistigen und emotionalen Prozesse. NLP versteht Körper und Geist – angelehnt an das kybernetische Denken Gregory Batesons – als zwei Ausdrucksformen desselben Informationssystems. Körperliche Zustände spiegeln innere (mentale/emotionale) Zustände wider und umgekehrt.
Der Körper ist im NLP primär Träger des kinästhetischen Sinneskanals, über den nicht nur Bewegungen, sondern auch innere Zustände wie Anspannung, Ruhe, Wärme, Kälte, Druck oder Energie wahrgenommen und verändert werden können. Durch bewusste Wahrnehmung und Nutzung von Körpersignalen wird Kommunikation effektiver, Zustände lassen sich präzise steuern und neu verankern.
Ursprung und Theoretischer Hintergrund
Das NLP orientiert sich stark an systemischen und kybernetischen Modellen. Gregory Bateson war eine zentrale Inspirationsquelle für die NLP-Gründer Richard Bandler und John Grinder. Seine Idee einer kybernetischen Einheit von Geist und Körper prägte maßgeblich das NLP-Verständnis: Alles Verhalten – verbal wie nonverbal – ist Ausdruck innerer Landkarten und neurologischer Muster.
Zusätzlich integrierte NLP frühzeitig Erkenntnisse aus der Körpertherapie (u. a. Alexander-Technik, Feldenkrais, Bioenergetik), ohne sie direkt zu übernehmen. NLP nutzt insbesondere die Beobachtung von Körperhaltung, Muskeltonus, Atmung und Bewegungsmustern als Zugang zu unbewussten Zuständen.
Anwendungsbeispiele
- Rapport herstellen: Die Körpersprache des Gegenübers (Atmung, Haltung, Mimik) wird gespiegelt, um Vertrauen und unbewusste Verbindung aufzubauen.
- Zustandsmanagement: Eine Person nimmt eine aufrechte, offene Körperhaltung ein, um sich selbstbewusster und energievoller zu fühlen.
- Submodalitätenarbeit: Der körperliche Ort einer inneren Repräsentation (z.B. „Wo im Körper fühlst du das?“) dient als Einstieg in Veränderungsarbeit.
- Ankerarbeit: Bestimmte Körperbewegungen (z.B. Faust ballen, Schultern zurücknehmen) werden mit emotionalen Zuständen wie Stärke oder Ruhe verknüpft.
Einsatzbereiche
- Therapie: Arbeit mit psychosomatischen Beschwerden, Auflösung von Körpererinnerungen, Trauma-Arbeit
- Coaching: Veränderung von Körpersprache zur Unterstützung von Zielzuständen, Embodiment-Techniken
- Führungskräftetraining: Selbstbewusstes Auftreten, nonverbale Wirkung im Gespräch, Präsenz
- Persönlichkeitsentwicklung: Verbindung zum eigenen Körper herstellen, Selbstwahrnehmung verbessern
- Konfliktlösung: Lesen und Regulieren nonverbaler Signale, Deeskalation durch körpersprachliche Anpassung
Methoden und Übungen
- Bewegungsanker: Eine bestimmte Körpergeste wird mit einem Ressourcenzustand verbunden. Durch Wiederholung kann der Zustand gezielt abgerufen werden.
- Zugangs-Hinweise (Accessing Cues): Augenbewegungen, Atmung, Muskeltonus werden genutzt, um auf Denkprozesse und Repräsentationssysteme zu schließen.
- State Shifting durch Körperhaltung: Der Klient verändert bewusst Haltung, Gestik oder Atmung, um einen unerwünschten Zustand zu verlassen.
- Future Pace mit Körpersignalen: Der Klient visualisiert eine zukünftige Situation und verankert dabei den gewünschten Zustand über seine Körperhaltung.
- Embodiment-Reframing: Ein limitierender Glaubenssatz wird in einer bestimmten Körperhaltung gefühlt und durch Bewegung transformiert.
Synonyme
- Embodiment
- Kinästhetisches System
- Physiologie (im NLP häufig synonym verwendet)
- Somatische Marker (in verwandten Konzepten wie Neurobiologie)
Abgrenzung
Im NLP steht der Begriff „Körper“ nicht für medizinische Diagnostik oder strukturelle Anatomie, sondern für das erlebte Subjekt, das über Haltung, Empfindung und Bewegung Ausdruck innerer Prozesse ist.
Wissenschaftlicher oder praktischer Nutzen
- Selbstregulation: Durch Körperbewusstsein lassen sich emotionale Zustände effektiv steuern.
- Veränderung innerer Zustände: Der Körper ist der unmittelbarste Hebel zur Zustandsveränderung, da er direkt auf neurologische Muster wirkt.
- Kommunikation verbessern: Durch Beobachtung und Anpassung der Körpersprache wird zwischenmenschliche Wirkung erhöht.
- Integration: Der Körper ermöglicht die Integration von Verstand, Gefühl und Verhalten in einer ganzheitlichen Wahrnehmung.
- Forschung: Studien zum Embodiment (z.B. Amy Cuddy, Damasio) belegen, dass Körperhaltungen unser Denken und Fühlen beeinflussen.
Kritik oder Einschränkungen
- Vereinfachung: Manche NLP-Anwendungen neigen dazu, komplexe körperlich-seelische Zusammenhänge zu stark zu vereinfachen.
- Grenzen der Selbststeuerung: Nicht jeder Zustand ist allein durch Haltung oder Atmung beeinflussbar – v. a. bei tiefgreifenden Traumatisierungen.
- Verwechslung mit Therapieformen: NLP ersetzt keine somatische oder psychotherapeutische Behandlung.
Literatur- und Quellenhinweise
- Bandler, R., & Grinder, J. (1975). The Structure of Magic I. Science and Behavior Books, Palo Alto.
- Grinder, J., & DeLozier, J. (1995). Turtles all the way down: Prerequisites to personal genius. Meta Publications.
- Bateson, G. (1972). Steps to an Ecology of Mind. University of Chicago Press, Chicago.
- Damasio, A. (1994). Descartes’ error: Emotion, reason, and the human brain. Putnam.
- Gendlin, E. T. (1981). Focusing. Bantam Books.
- Cuddy, A. (2015). Presence: Bringing your boldest self to your biggest challenges. Little, Brown and Company.
Metapher
Der Körper ist die Bühne, auf der der Geist sein innerstes Theater aufführt. Jede Haltung, jede Bewegung erzählt etwas – auch wenn der Verstand noch schweigt.