Kraft-Quelle / innere Quelle / Ressourcenquelle / Quelle
Definition
Im NLP bezeichnet die „Kraft-Quelle“ eine innere Vorstellung oder Erinnerung, die bei einer Person zuverlässig einen intensiven Ressourcen-Zustand auslöst. Diese Quelle kann ein realer Ort, ein imaginierter Platz oder ein symbolisches Bild sein, das mit positiven Gefühlen wie Sicherheit, Stärke, Frieden oder Zugehörigkeit verknüpft ist.
Die Quelle ist ein emotionaler Ankerpunkt, eine Art mentales Kraftreservoir, das in schwierigen Situationen aktiviert werden kann, um handlungsfähig, resilient und zentriert zu bleiben. In NLP-Prozessen wird die Kraft-Quelle genutzt, um Ressourcen zu aktivieren, Zielzustände zu stärken oder belastende Emotionen zu transformieren.
Ursprung und Theoretischer Hintergrund
Das Konzept der Kraft-Quelle ist eng verbunden mit dem Resourcenmodell des NLP und hat Bezüge zur Parts-Arbeit, Timeline-Arbeit und logischen Ebenen (nach Robert Dilts). Der Begriff wurde insbesondere durch Lucas Derks geprägt und in der sozialen Panorama-Technik sowie anderen Formaten weiterentwickelt.
Die Quelle ist oft verortet auf der höchsten logischen Ebene („Spiritualität“, „Identität“, „Zugehörigkeit“) und wird dort als „Core State“ beschrieben – ein Zustand tiefer innerer Kohärenz und Verbundenheit.
Anwendungsbeispiele
- Klientin mit Versagensangst: Durch die Vorstellung ihres „Kraftbaums“ aus Kindheitstagen gelingt es ihr, innerlich Stabilität zu gewinnen und souveräner zu agieren.
- Führungskraft im Stress: Stellt sich regelmäßig eine Hütte in den Bergen vor – ihre Kraft-Quelle – und kann damit selbstregulativ ihren Zustand stabilisieren.
- Therapie von Schamgefühlen: Der Zugang zur Quelle wird als Ressource genutzt, um destruktive innere Kritiker auf einer tieferen Ebene zu integrieren.
- Zielarbeit im Coaching: Eine Person definiert ihr Ziel unter Einbezug der Untereigenschaften ihrer Kraft-Quelle (z.B. bestimmte Farben, Gerüche, Lichtstimmungen), um es mit positiver Energie aufzuladen.
Einsatzbereiche
- Therapie: Stabilisierung nach belastenden Erfahrungen, Trauma-Integration
- Coaching: Aktivierung von Ressourcen, Zielarbeit, Selbstführung
- Führungskräftetraining: Stressmanagement, Selbstregulation
- Persönlichkeitsentwicklung: Entwicklung innerer Stärke und Identität
- Konfliktlösung: Zentrierung vor Gesprächen, Emotionsmanagement
Methoden und Übungen
Beispiel: Trance zur Quelle
- Klient schließt die Augen und erinnert sich an einen Ort, an dem er sich kraftvoll, verbunden oder ganz bei sich fühlte.
- Der Ort wird mit allen Sinneskanälen assoziiert: Was sehe ich? Was höre ich? Wie fühlt es sich an?
- Die charakteristischen Untereigenschaften (z.B. Licht, Temperatur, Geräusche) werden bewusst gemacht.
- Dieser Zustand wird verankert (z.B. über eine Geste).
- Anwendung im Alltag: Die Person kann jederzeit „zur Quelle gehen“, um Energie zu tanken.
Weitere Anleitungen:
- Einsatz bei Scham- und Schuldgefühlen: Die Quelle wird genutzt, um sich mit einer übergeordneten Identität zu verbinden, die jenseits von Bewertung liegt.
- Verwandlung fremder innerer Teile: Die Quelle kann in der Parts-Arbeit als übergeordnete Instanz wirken, die innere Konflikte mit Mitgefühl und Klarheit auflöst.
Synonyme und Verwandte Begriffe
Synonyme:
- Ressourcenzentrum
- innerer Kraftort
- Quelle der Stärke
- Core State
Verwandte Begriffe:
- Core Transformation (Andreas & Andreas)
- Logische Ebenen (Dilts)
- Re-Imprinting
- Timeline-Arbeit
- Innere Landschaft (Derks)
Abgrenzung:
Die Kraft-Quelle ist nicht dasselbe wie ein einfacher positiver Anker. Sie ist tiefer verankert und mit Identität oder Zugehörigkeit verbunden, nicht bloß mit situativer Motivation.
Wissenschaftlicher oder praktischer Nutzen
Praktischer Nutzen:
- Sofortige Zustandsveränderung
- Förderung von Selbstwirksamkeit und Resilienz
- Unterstützt Integrationsprozesse innerer Teile
- Hilft bei Trauma-Arbeit als sicherer Ort
Wissenschaftlicher Kontext:
Obwohl das Konzept der „Kraft-Quelle“ in dieser Form nicht empirisch evaluiert ist, zeigen Studien zur Selbstregulation durch Imaginationsverfahren und ressourcenorientierter Hypnose (z.B. bei Lammers, Kossak oder Langhor) eine positive Wirkung auf Stressbewältigung, Emotionsregulation und Heilungsprozesse.
Kritik oder Einschränkungen
- Nicht für alle zugänglich: Manche Menschen haben Schwierigkeiten, innerlich Bilder oder Orte zu imaginieren (besonders bei starker Dissoziation oder Trauma).
- Verwechslung mit Eskapismus: Wenn die Quelle als „Fluchtort“ genutzt wird, kann sie zur Vermeidung statt zur Integration führen.
- Fehlinterpretation als esoterisch: In säkularen Kontexten muss der Begriff ggf. angepasst oder erklärt werden („Ressourcenzentrum“ statt „Kraft-Quelle“).
Literatur- und Quellenhinweise
- Derks, L. (1997). Social panoramas: Changing the unconscious landscape with NLP. Crown House Publishing.
- Dilts, R. (1995). Die Entwicklung der Persönlichkeit durch NLP: Ein systemischer Ansatz. Junfermann.
- Andreas, C., & Andreas, T. (1994). Core Transformation: Reaching the Wellspring Within. Real People Press.
- Cameron-Bandler, L. (1992). Gefühle – was sie sind und wie sie funktionieren. Junfermann.
- Bandler, R., & Grinder, J. (1996). Patterns of the hypnotic techniques of Milton H. Erickson, M.D. (Vol. 1). Meta Publications.
- Langhor, C. (2020). Imaginationsverfahren in der Psychotherapie: Grundlagen, Techniken und Anwendung. Springer.