Kriterien (lat. criterium, griech. kriterion = Maßstab, Entscheidungsgrundlage)
Definition
Im NLP bezeichnet der Begriff Kriterien die individuellen Maßstäbe, nach denen eine Person ihre Erfahrungen bewertet, Entscheidungen trifft und Prioritäten setzt. Sie fungieren als innere Standards, die angeben, was jemand in einem bestimmten Kontext als wichtig, richtig oder wünschenswert empfindet.
Kriterien sind eng verwandt mit Werten, werden im NLP jedoch meist kontextbezogener verwendet. Während Werte abstrakte, übergeordnete Bedeutungen wie „Freiheit“ oder „Gerechtigkeit“ bezeichnen, sind Kriterien oft operationalisierbar, d. h., sie zeigen sich in konkretem Verhalten oder Entscheidungen – z.B. bei der Auswahl eines Jobs, eines Partners oder einer Dienstleistung.
Ursprung und Theoretischer Hintergrund
Die Arbeit mit Kriterien ist im NLP stark beeinflusst durch die Meta-Programme, die Logischen Ebenen (Dilts) und das Modell des subjektiven Entscheidens. Sie basiert auch auf den Erkenntnissen der Motivationspsychologie und wertbezogener Kommunikation.
Der NLP-Begriff „Kriterium“ wurde insbesondere durch Robert Dilts, Richard Bandler und Leslie Cameron-Bandler präzisiert, unter anderem im Rahmen von Strategiearbeit und Verhandlungsmodellen.
Anwendungsbeispiele
- Eine Klientin fühlt sich in ihrer Beziehung unzufrieden. Im Coaching stellt sich heraus: Ihr wichtigstes Kriterium für Partnerschaft ist „Zuverlässigkeit“, während ihr Partner „Spontaneität“ höher bewertet.
- Ein Bewerber hat mehrere Jobangebote. Durch Kriterienklärung wird klar, dass „kreative Entfaltung“ und „Wertschätzung“ höher gewichtet sind als „Gehalt“ oder „Sicherheit“.
- In einer Therapie zeigt sich, dass ein Jugendlicher auf schulische Anforderungen nicht reagiert – bis deutlich wird, dass sein Hauptkriterium „Respekt“ ist, das in der Schule nicht erfüllt wird.
Einsatzbereiche
- Therapie: Klärung innerer Konflikte, z.B. zwischen Pflichtgefühl und Freiheitsdrang
- Coaching: Zielfindung, Entscheidungsprozesse, Karriereplanung
- Führungskräftetraining: Werteorientiertes Führen, Mitarbeitermotivation
- Persönlichkeitsentwicklung: Selbstverstehen, Lebensbalancen, Identitätsarbeit
- Konfliktlösung: Erkennen der hinter den Positionen liegenden Kriterien zur Mediation
Methoden und Übungen
- Kriterien-Hierarchie erstellen: Ermitteln, welche Kriterien in einem bestimmten Kontext gelten, und sie nach Wichtigkeit ordnen.
- Kriterien-Violation erkennen: Beobachten, wo ein Kriterium verletzt wird, was häufig emotionale Reaktionen erklärt.
- Chunking up & down: Übergeordnetes „Warum?“ (Werte) oder untergeordnete „Wie?“ (Verhaltensweisen) untersuchen.
- Strategiearbeit: Kriterien innerhalb von Entscheidungsstrategien bewusst machen (vgl. TOTE-Modell).
- Kriterien in Zielarbeit integrieren: Ziele wirksamer formulieren, indem sie mit den wichtigsten Kriterien angereichert werden.
Beispielübung: „Kriterien-Klärung im Beruf“
- Frage: Was ist Dir an Deiner Arbeit wichtig?
- Folgefrage: Woran erkennst Du, dass dieses Kriterium erfüllt ist?
- Wiederhole mit weiteren Kriterien.
- Priorisiere sie.
- Überprüfe: Werden diese Kriterien im aktuellen Job erfüllt?
Synonyme
- Bewertungsmaßstab
- Entscheidungsgrundlage
- Priorität
- Motivationsfaktor
Verwandte Begriffe
- Werte – übergeordnete Prinzipien, die oft mehrere Kriterien bündeln
- Meta-Programme – mentale Filter, die beeinflussen, wie Kriterien wahrgenommen werden
- Ziele – Ausdruck von Kriterien in Handlungsabsicht
- Motivatoren – oft deckungsgleich mit Kriterien
Abgrenzung
Ein Wert wie „Gesundheit“ ist eine abstrakte Lebensorientierung. Ein Kriterium wie „jeden Tag 30 Minuten Bewegung“ ist eine konkrete Bewertung, ob dieser Wert gelebt wird.
Wissenschaftlicher oder praktischer Nutzen
Nutzen im NLP-Prozess
- Erhöht die Selbstreflexion und Klarheit
- Macht Motivation sichtbar und verhandelbar
- Ermöglicht zielgerichtetes Handeln
- Dient als Grundlage für innere Ökologie-Prüfungen
- Fördert Kommunikation und Verständnis in Beziehungen
Wissenschaftlicher Bezug
Kriterien-Arbeit ähnelt der Zielstrukturierung in der Kognitionspsychologie und Elementen der logischen Argumentation sowie Wertforschung (z.B. nach Rokeach, Schwartz). Sie ist jedoch im NLP stärker praxis- und lösungsorientiert.
Kritik oder Einschränkungen
- Subjektivität: Kriterien sind individuell – ohne Kontext können sie missverstanden oder falsch interpretiert werden.
- Nicht-statisch: Kriterien können sich situativ verändern, was in systematischer Arbeit oft übersehen wird.
- Manipulationspotenzial: In Verkaufs- oder Verhandlungskontexten können Kriterien auch genutzt werden, um Entscheidungen zu beeinflussen.
Literatur- und Quellenhinweise
- Bandler, R., & Grinder, J. (1975). The Structure of Magic II. Science and Behavior Books, Palo Alto.
- Cameron-Bandler, L. (1992). Gefühle – was sie sind und wie sie funktionieren. Junfermann.
- Dilts, R. B., DeLozier, J., & Bacon Dilts, D. (2013). NLP II – die neue Generation: Strukturen subjektiver Erfahrung – die Erforschung geht weiter (I. Seidel, M. H. Koulen & S. Koulen, Übers.). Junfermann Verlag.
- Hall, L. M., & Bodenhamer, B. G. (2006). Figuring Out People: Reading People Using Meta-Programs. Crown House Publishing.
- Andreas, C. & Andreas, S. (1987). Heart of the Mind: Engaging Your Inner Power to Change with NLP. William Morrow and Company, New York.
Metapher oder Analogie
Kriterien sind wie Filter in einer Kamera. Sie bestimmen, was Du scharf siehst und was unscharf bleibt. Was durch diesen Filter wichtig erscheint, prägt Dein Denken, Fühlen und Handeln.