Modell der Welt (model of the world)
Definition
Das Modell der Welt bezeichnet im NLP die subjektive Wahrnehmung und Interpretation der Wirklichkeit durch einen Menschen. Jeder Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens ein individuelles inneres Abbild der Welt – ein Modell –, das auf persönlichen Erfahrungen, Überzeugungen, Erziehung, Kultur und Sprache beruht.
Es ist die kognitive, emotionale und symbolische Repräsentation der äußeren Realität im Bewusstsein eines Individuums. Es bestimmt, wie jemand denkt, fühlt, entscheidet und handelt. Im NLP geht man davon aus: „Die Landkarte ist nicht das Gebiet.“ Das bedeutet, dass unsere Wahrnehmungen, Meinungen und Überzeugungen nie die Welt selbst widerspiegeln, sondern immer eine Vereinfachung oder Konstruktion davon sind.
Diese Modelle sind weder „richtig“ noch „falsch“, sondern lediglich „nützlich“ oder „weniger nützlich“. NLP strebt an, diese Modelle zu erkennen, zu respektieren und – wenn gewünscht – zu erweitern oder zu verändern.
Ursprung und Theoretischer Hintergrund
Der Begriff wurde maßgeblich durch Richard Bandler und John Grinder in den 1970er Jahren geprägt. Sie bauten auf Kognitionspsychologie, Kybernetik, linguistischem Konstruktivismus und Gregory Batesons systemischem Denken auf.
Der Ausdruck lehnt sich an die Unterscheidung zwischen Landkarte und Territorium von Alfred Korzybski an. Auch philosophische Positionen des Pragmatismus und des Radikalen Konstruktivismus (Heinz von Foerster, Ernst von Glasersfeld) prägen das NLP-Verständnis vom „Modell der Welt“.
In der NLP-Praxis ist es ein zentraler Baustein für wertschätzende Kommunikation, Rapport, Veränderungsarbeit und Persönlichkeitsentwicklung.
Anwendungsbeispiele
- Ein Coaching-Klient glaubt, „nicht gut genug“ zu sein. Dies wird als Teil seines Modells der Welt erkannt und bearbeitet.
- Ein Trainer betont: „Respektieren Sie das Modell der Welt Ihrer Mitarbeitenden.“
- In der Therapie wird untersucht, wie ein Trauma das Weltmodell verzerrt hat (z.B. „Die Welt ist gefährlich“).
Einsatzbereiche
- Therapie: Transformation einschränkender Weltmodelle
- Coaching: Entwicklung neuer Perspektiven
- Führungskräftetraining: Empathie und Kommunikation fördern
- Persönlichkeitsentwicklung: Reflexion der eigenen Wirklichkeitskonstruktion
- Konfliktlösung: Verständnis unterschiedlicher Modelle
Methoden und Übungen
- Reframing: Ereignisse in neuen Bedeutungsrahmen setzen.
- Wertearbeit: persönliche Werte erforschen.
- Meta-Modell der Sprache: präzise Fragen zur Klärung von Weltbildern.
- Timeline-Arbeit: Zeitrepräsentationen analysieren.
Übung: Begegne einer Person mit radikal anderer Weltsicht. Finde drei Aspekte, die in ihrem Modell nachvollziehbar sind – unabhängig davon, ob Du sie teilst.
Synonyme oder verwandte Begriffe
- Landkarte
- Subjektive Realität
- Glaubenssystem
- Kognitive Schemata
- Realitätskonstruktion
Abgrenzung: Das Modell der Welt umfasst Werte, Filter, Erfahrungen und Repräsentationssysteme – mehr als einzelne Glaubenssätze.
Wissenschaftlicher oder praktischer Nutzen
- Praktisch:
- Fördert Empathie und Kommunikation
- Ermöglicht gezielte Veränderung durch Bewusstsein
- Wissenschaftlich:
- Verwandt mit kognitiver Verhaltenstherapie (kognitive Umstrukturierung)
- Konstruktivistisches Lernen, systemische Beratung
Kritik oder Einschränkungen
- Begriff im NLP oft unscharf und wenig fundiert.
- Die Idee, jede Realität sei gleichwertig, kann ethische Probleme aufwerfen.
- Manche Anwender setzen das Konzept zu pauschal ein.
Literatur- und Quellenhinweise
- Bandler, R., & Grinder, J. (1975). The Structure of Magic I. Science and Behavior Books.
- Dilts, R. (1990). Changing Belief Systems with NLP. Meta Publications.
- Ardui, J., & Wrycza, P. (1994). Die NLP-Welt. Junfermann.
- Merchant, C. (1980). The death of nature. Harper & Row.
- Zukav, G. (1979). The dancing Wu Li masters. William Morrow.
- Ötsch, W. (1996). Vom Denken der Natur zur Natur des Denkens. Metropolis Verlag.
Metapher
Das Modell der Welt ist wie eine Brille – sie bestimmt, wie Du alles siehst. Manchmal lohnt es sich, die Brille abzunehmen oder sie zu wechseln, um neue Perspektiven zu entdecken.