Synästhesie (Synesthesia)

Definition

Synästhesie stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Mitempfinden“. Im NLP beschreibt sie die gleichzeitige oder aufeinanderfolgende Aktivierung mehrerer Repräsentationssysteme (visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch, gustatorisch) bei der Verarbeitung von Erfahrungen. Dabei entstehen Kreuzverbindungen zwischen Sinneswahrnehmungen, bei denen die Aktivität in einem System automatisch die Aktivität in einem anderen auslöst. Beispielsweise kann ein strenger Ton (auditiv) ein Gefühl von Unbehagen (kinästhetisch) hervorrufen.

Ursprünge und theoretischer Hintergrund

Synästhesien spielen im NLP eine wichtige Rolle, da sie zeigen, wie eng Wahrnehmung, Emotion und Bedeutung miteinander verknüpft sind. Das Konzept wurde insbesondere von Robert Dilts und anderen NLP-Pionieren untersucht. Sie beschrieben Synästhesien als eine Art „chemische Verbindung“ zwischen Sinneskanälen – ähnlich wie Moleküle aus Atomen entstehen, entstehen Synästhesie-Muster aus der Kombination mehrerer Repräsentationssysteme. Diese Muster sind meist unbewusst, können aber bewusst gemacht und verändert werden, um Verhalten, Emotionen und Denkweisen gezielt zu beeinflussen.

Anwendungsbeispiele

  • Emotionale Reaktionen:
    • Ein Mensch fühlt sich unwohl (kinästhetisch), wenn er eine strenge Stimme (auditiv) hört.
    • Beim Hören von Musik (auditiv) entstehen automatisch innere Bilder (visuell).
  • Problembewältigung:
    • Ein Klient mit Angst (kinästhetisch) visualisiert dieses Gefühl als ein Bild (visuell), um es zu verändern oder zu transformieren.
  • PERSÖNLICHKEITSENTWICKLUNG:
    • Ein „stuck state“, bei dem visuelle Reize (z. B. Chaos) Stress (kinästhetisch) auslösen, kann durch bewusste Arbeit mit Synästhesien gelöst werden.

Einsatzbereiche

  • Therapie: Bearbeitung unangenehmer oder hinderlicher Synästhesien, z. B. emotionaler Reaktionen auf äußere Reize.
  • Coaching: Entwicklung neuer, förderlicher Verknüpfungen zwischen Repräsentationssystemen zur Steigerung von Kreativität und Lernfähigkeit.
  • Persönlichkeitsentwicklung: Förderung emotionaler Flexibilität und bewusster Wahrnehmung.
  • Kommunikationstraining: Verständnis und Nutzung synästhetischer Muster in der zwischenmenschlichen Interaktion.

Methoden und Übungen

  1. Synästhesie-Muster identifizieren: Analysiere Situationen, in denen ein Reiz in einem Repräsentationssystem automatisch eine Reaktion in einem anderen hervorruft. Beispiel: „Was fühlst Du, wenn Du diese Stimme hörst?“ oder „Welche Farbe hat dieses Gefühl?“
  2. Synästhesien bewusst machen und verändern: Verändere ein unangenehmes Gefühl, indem Du es in ein visuelles Bild überführst und dessen Submodalitäten anpasst (z. B. das Bild kleiner, heller oder farblos machen).
  3. Synästhesie-Wechsel: Führe den Klienten durch den Wechsel von einem Repräsentationssystem in ein anderes – z. B. Angst (kinästhetisch) in ein beruhigendes inneres Bild (visuell) transformieren.
  4. Auflösen hinderlicher Synästhesien: Trenne die Verknüpfung zwischen den Repräsentationen, indem Du sie über das NLP-Augenbewegungsmodell in die „richtigen“ Sinnespositionen bringst, und verknüpfe sie anschließend neu mit einer positiven Erfahrung.

Synonyme oder verwandte Begriffe

  • Sinnesübergreifende Wahrnehmung
  • Kreuzverbindungen zwischen Sinneskanälen

Abgrenzung

Synästhesien unterscheiden sich von Strategien im NLP dadurch, dass sie keine lineare Abfolge von Repräsentationssystemen darstellen, sondern eine simultane oder unmittelbare Verknüpfung mehrerer Sinneskanäle. Während Strategien bewusst und sequentiell ablaufen, sind Synästhesien meist unbewusste, automatische Prozesse.

Wissenschaftlicher oder praktischer Nutzen

  • Individuell: Das bewusste Erkennen und Verändern von Synästhesien ermöglicht tiefgreifende emotionale und mentale Veränderungen.
  • Praktisch: Synästhesiearbeit bietet wirksame Ansätze zur Bearbeitung von Ängsten, Blockaden und psychosomatischen Beschwerden.
  • Wissenschaftlich: Das Konzept stützt sich auf die Forschung zur Neuroplastizität und zur sensorischen Integration in der Wahrnehmungspsychologie.

Kritik oder Einschränkungen

  • Komplexität: Die Identifikation und Veränderung von Synästhesien erfordert Erfahrung und präzise Beobachtung.
  • Subjektivität: Synästhesien sind individuell verschieden und stark von der persönlichen Wahrnehmung abhängig.

Literatur- und Quellenhinweise

  • Dilts, R. (1990). Changing Belief Systems with NLP. Meta Publications, Capitola.
  • Bandler, R., & Grinder, J. (1976). The Structure of Magic II. Science and Behavior Books, Palo Alto.
  • Gordon, D. (1995). Therapeutic Metaphors: Helping Others Through the Looking Glass. Meta Publications, Cupertino.

Metapher oder Analogie

Synästhesien sind wie ein Orchester:

Mehrere Instrumente – also Sinneskanäle – spielen gleichzeitig und erzeugen gemeinsam eine Symphonie der Wahrnehmung. Manchmal entsteht eine harmonische Melodie, manchmal ein disharmonischer Klang. Im NLP lernen wir, die „Instrumente“ neu zu stimmen, um die gewünschte innere Harmonie zu schaffen.