Verdecktes Arbeiten (Covert Work)
Definition
Verdecktes Arbeiten beschreibt im NLP eine Methode, bei der ausschließlich auf der Prozessebene gearbeitet wird, ohne den konkreten Inhalt des Problems oder der Situation zu thematisieren. Der Fokus liegt auf der Struktur von Gedanken, Gefühlen und Verhaltensmustern – also darauf, wie etwas erlebt wird, nicht worum es geht. Dies ermöglicht tiefgreifende Veränderungsprozesse, auch wenn sensible oder private Inhalte unbenannt bleiben.
Ursprung und theoretischer Hintergrund
Das Konzept des verdeckten Arbeitens wurde von Richard Bandler und John Grinder im Rahmen der Entwicklung des NLP formuliert. Es beruht auf der zentralen Unterscheidung zwischen Prozess und Inhalt:
- Inhalt: Das „Was“ – die spezifischen Themen, Geschichten oder Situationen.
- Prozess: Das „Wie“ – die Art, wie jemand denkt, fühlt, spricht oder handelt.
Anwendungsbeispiele
- Therapie: Ein Klient möchte ein belastendes Erlebnis nicht offenlegen. Der Therapeut arbeitet mit den emotionalen Reaktionen und körperlichen Empfindungen, ohne den konkreten Inhalt zu kennen.
- Coaching: Eine Führungskraft beschreibt ihr Ziel nur strukturell („Ich möchte in Zukunft ruhiger reagieren“) – der Coach arbeitet an den Denk- und Emotionsmustern, ohne Details der Situation zu erfahren.
- Konfliktlösung: Statt den Streitpunkt zu analysieren, wird an den Kommunikationsmustern zwischen den Beteiligten gearbeitet.
Einsatzbereiche
- Therapie: Besonders hilfreich bei sensiblen, traumatischen oder privaten Themen, die Klienten nicht teilen möchten.
- Coaching: Unterstützt diskrete Arbeit mit Führungskräften oder in vertraulichen Kontexten.
- Konfliktmanagement: Konzentration auf die Dynamik und Struktur von Interaktionen, nicht auf deren Inhalt.
- Persönlichkeitsentwicklung: Förderung des Bewusstseins für innere Prozesse, unabhängig von konkreten Erlebnissen.
Methoden und Übungen
- Meta-Modell der Sprache: Analyse und Veränderung sprachlicher Muster, ohne über spezifische Inhalte zu sprechen.
- Submodalitäten-Arbeit: Veränderung sensorischer Qualitäten (z. B. Helligkeit, Lautstärke, Nähe) innerer Bilder oder Empfindungen, ohne deren Bedeutung offenzulegen.
- Anker setzen: Verknüpfen positiver emotionaler Zustände mit bestimmten Reizen, unabhängig vom ursprünglichen Problem.
- Timeline-Arbeit: Veränderung zeitlicher Wahrnehmungen (Vergangenheit/Zukunft), ohne Details der Erfahrungen zu diskutieren.
Synonyme
- Prozessorientiertes Arbeiten
- Inhaltsfreie Methoden
Verwandte Begriffe
- Prozess vs. Inhalt: Zentrale NLP-Unterscheidung – verdecktes Arbeiten fokussiert auf den Prozess.
- Diskretes Coaching: Methoden, die auf Anonymität und Vertraulichkeit ausgelegt sind.
Wissenschaftlicher oder praktischer Nutzen
- Vertraulichkeit: Klienten können Veränderung erfahren, ohne private oder schmerzhafte Inhalte offenbaren zu müssen.
- Strukturfokus: Konzentration auf Denk- und Wahrnehmungsprozesse erhöht die Flexibilität und Wirksamkeit von Interventionen.
- Praktische Anwendung: Besonders geeignet für Führungskräfte-Coaching, Traumaarbeit und systemische Beratung.
Kritik oder Einschränkungen
- Bewertungsschwierigkeit: Da Inhalte nicht benannt werden, kann der Erfolg der Intervention schwerer nachvollzogen werden.
- Präferenzabhängigkeit: Manche Klienten wünschen explizite inhaltliche Arbeit und empfinden rein prozessuale Ansätze als unpersönlich.
Literatur- und Quellenhinweise
- Bandler, R., & Grinder, J. (1975). The Structure of Magic II. Science and Behavior Books, Palo Alto.
- Dilts, R. (1988). Applications of NLP in Business and Education. Meta Publications, Santa Cruz.
- Andreas, S. (2009). Transforming Negative States with NLP. Meta Publications, Novato.
Metapher oder Analogie
Das verdeckte Arbeiten ist wie das Üben eines Musikstücks ohne Notenlesen: Ein Musiker konzentriert sich nicht auf die einzelnen Noten oder Texte, sondern auf Rhythmus, Technik und Ausdruck. Indem er die Art und Weise seines Spiels verändert, verbessert sich das gesamte Stück – auch ohne den Inhalt (die Melodie) direkt zu verändern. Ebenso zielt verdecktes Arbeiten im NLP darauf ab, die Struktur des Erlebens zu verändern, anstatt den Inhalt zu analysieren.