Entscheidungsfindung

Entscheidungsfindung
Entscheidungsfindung (Pixabay: © ijmaki)

Leben heißt immer wieder Entscheidungen zu fällen: Für oder gegen eine Partnerschaft, für oder gegen einen beruflichen Werdegang, für oder gegen eine Zusammenarbeit. Doch viele Menschen fühlen sich von diesem Entweder-oder überfordert, sie zweifeln an sich selbst und stehen Ängste bezüglich der Richtigkeit ihrer Abwägungen aus. Dabei kann der Weg zu einer effektiven Entscheidungsfindung ganz einfach sein. Dieser Text erklärt, welche Kriterien angewandt werden können, um sich im Entscheidungsprozess sicherer zu fühlen und schneller zwischen verschiedenen Alternativen zu wählen:

Inhaltsverzeichnis

  1. Definition Entscheidungsfindung
  2. Wie läuft ein Entscheidungsprozess ab?
  3. Strategien zur Entscheidungsfindung
    1. Intuitive Strategie
    2. Emotionale Strategien
    3. Rationale Strategien
    4. Die Entscheidungsmatrix an einem Beispielsfall
  4. Ethische Entscheidungsfindung
  5. Coaching-Methoden zur Entscheidungsfindung
    1. Gegenwind
    2. Prozess der integrativen Entscheidungsfindung
    3. Tetralemma
    4. Die Zeitmaschine

Definition Entscheidungsfindung

Unentschlossenheit verhindert persönlichen und beruflichen Erfolg. Als Entscheidungsfindung definiert man den Prozess, innerhalb dessen eine Entscheidung herbeigeführt und an dessen Ende diese auch getroffen wird. Es geht also darum, zunächst herauszufinden, was derjenige, der die Qual der Wahl hat, wirklich möchte, um im Anschluss daran Konsequenzen zu ziehen. Es gibt sowohl eine kollektive Entscheidungsfindung in der Gruppe als auch die alleinige. Wer sich ohne Hilfe schwer tut, der kann auf therapeutische Entscheidungsfindung zurückgreifen oder sich im Coaching unterstützen lassen. Wichtig ist, sich immer wieder klar zu machen, dass derjenige, die Verantwortung für sein Leben aus der Hand gibt, der nicht selbstständig entscheiden kann.

Wie läuft ein Entscheidungsprozess ab?

Besonders wenn eine wichtige Entscheidung ansteht, die das Leben nachhaltig verändern kann, ist der Weg dorthin komplex. Menschen treffen leichter oder schwerer Entscheidungen je nach individuellem Charakter: manche sind geradezu vorschnell, andere bleiben in einem Gedankenschritt stecken. Häufig kehren Entscheidungsträger infolge von Unsicherheiten wieder zu einem früheren Ausgangspunkt des Entscheidungsprozesses zurück. Aber alle Entscheidungen durchlaufen dabei ein ähnliches Muster:

  1. Prioritäten werden gesetzt.
  2. Die Recherche erfolgt.
  3. Das Für-und-Wider wird abgewogen.
  4. Unsicherheit breitet sich aus.
  5. Die Entscheidung wird getroffen.

Strategien zur Entscheidungsfindung

Wer mitten im Prozess nicht weiterkommt, der tendiert dazu, panisch zu reagieren anstatt sich auf die Strategien zur Entscheidungsfindung zu besinnen, die er womöglich bereits kennt. Oft führt eine Mischung aus unterschiedlichen Strategien zum Erfolg. Auch hier ist es wieder eine Typfrage, welche Methoden der Einzelne bevorzugt. Gerade rationalen Menschen kann es helfen, sich einmal auf ihre Intuition zu besinnen, und umgekehrt.





Intuitive Strategie

  • Das Bauchgefühl

    In einer Welt, in der alles logisch bedingt ist, verlieren viele den Kontakt zu ihrem eigenen Gefühl. Doch die natürliche Intuition ist oft besser als ihr Ruf. Anstatt Dinge zu zerdenken, hilft es manchmal, sich auf seine ganz persönliche Erfahrung zu verlassen, den eigenen Sehnsüchten zu vertrauen und der Entscheidung nachzugehen, die das erste Bauchgefühl bereits nach Sekunden getroffen hatte.

Emotionale Strategien

  • Worst-Case-Szenario

    Oft sind mit Entscheidungen ganz bestimmte Ängste verbunden. Wer sich vorher die schlimmsten Folgen ausgemalt hat, dem fällt es oft leichter, sich danach auf die Fakten zu konzentrieren. Es gilt, die eigenen Sorgen erst einmal ernst zu nehmen und sie dann aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.
  • Das Werfen einer Münze

    Natürlich ist es nicht ratsam, eine große Lebensentscheidung vom Zufall abhängig zu machen. Aber ein Münzwurf macht dem Entscheidungsträger häufig bewusst, auf welche Alternative er heimlich gehofft hat.
  • Die Unumstößlichkeit von Entscheidungen anzweifeln

    Die Frage nach der richtigen Wahl wird dann besonders beängstigend, wenn es so scheint, als gäbe es nach der Entscheidung keinen Weg zurück. Doch für das eigene Gefühlschaos ist es wichtig, sich immer wieder klar zu machen, dass keine Entscheidung endgültig ist. Das Leben zwingt den Einzelnen gerade deshalb jeden Tag zu neuen Grundsatzfragen, weil Endgültigkeit ein Irrglaube ist.

Rationale Strategien

  • CAF (Consider all facts)

    Das Zusammentragen aller Fakten ist die Grundlage jeder Entscheidung. Deshalb stellt die CAF-Methode eine einfache Möglichkeit dar, sich die Kriterien für den Entscheidungsprozess vor Augen zu führen. Dabei entsteht eine Liste mit den ausschlaggebenden Faktoren. Manchmal hilft bereits dieser Schritt, um sich über einige persönliche Gewichtungen klar zu werden.
  • PMI (Plus Minus Interesting)

    Diese Methode zur Entscheidungsfindung wurde von Edward de Bono entwickelt und beruht darauf, die positiven und negativen Aspekte gegeneinander abzuwägen. Im Prinzip handelt es sich also um eine einfach Pro-Contra-Liste, die dem Entscheidungsträger klar vor Augen führt, auf welcher Seite mehr Punkte stehen. Umso interessanter kann es anschließend sein, diese Kriterien persönlich zu gewichten. Schließlich kann auch ein einzelner Contra-Punkt bereits eine Entscheidung bedingen.
  • Die Entscheidungsmatrix

    Die Entscheidungsmatrix ist die weitergedachte Pro-Contra-Liste. Hierbei werden alle Entscheidungskriterien aufgelistet und dann mit Noten bewertet. Diese sollten möglichst wertfrei und ehrlich eingetragen werden, da sich das Ergebnis sonst verfälscht und sich der Entscheidungsträger in die eigene Tasche lügt.
    So könnte die Tabelle einer Entscheidungsmatrix aussehen:
Tabelle Entscheidungsmatrix

Die Entscheidungsmatrix an einem Beispielsfall

Um das Prinzip der Entscheidungsmatrix besser zu verstehen, kann man folgenden Beispielfall heranziehen: Ein Arbeitnehmer fragt sich, ob er seine gut bezahlte Stellung in einer Firma aufgeben soll und stattdessen selbständig werden oder wieder auf Arbeitssuche gehen soll:

Beispiel Entscheidungsmatrix

Je niedriger die Summe, desto besser sind die Noten für diese Alternative insgesamt ausgefallen. Um bestimmte Kriterien zusätzlich zu gewichten, könnte der Entscheidungsträger diese noch mit einem bestimmten Faktor multiplizieren, z.B. Beziehung zum Chef mal 2. Die Klammern verdeutlichen, dass das Ergebnis nach solch einer Gewichtung („Bewertete Entscheidungsmatrix“) noch eindeutiger ausfällt. Nach dem gleichen Prinzip können auch einzelne Kriterien prozentual abgewogen werden. Im vorliegenden Beispiel mit einer beliebigen Schwerpunktsetzung:

Beispiel Entscheidungsmatrix mit Prozenten

Auch wenn der Arbeitnehmer vielleicht nicht sofort nach der Erstellung dieser Entscheidungsmatrix weiß, ob er sich für Alternative 2 oder 3 entscheiden sollte, ist seine Kündigung der jetzigen Stelle damit so gut wie beschlossene Sache.

  • Der Entscheidungsbaum

    Ähnlich wie bei einem Fußballturnier treten bei dieser Methode immer zwei Entscheidungspaare gegeneinander an, bis am Ende nur noch eine Option übrig bleibt. Der Entscheidungsträger hat die schwierige Aufgabe, nicht wie z.B. in der Entscheidungsmatrix lediglich Noten zu vergeben, sondern er muss sich gleich vielfach entscheiden. Der Vorteil liegt darin, viele kleine Entscheidungen statt einer großen zu treffen.

    Vroom-Yetton-Entscheidungsmodell

    Wird dieses Modell in Firmen angewandt, um die aktuellen oder besten Führungsstil für eine Gruppe zu bestimmen, so bezeichnet man es auch als Vroom-Yetton-Entscheidungsmodell. Man unterscheidet zwischen fünf Entscheidungsstilen, die am Ende der Auswertung stehen können:

    • Autokratisch AI: Alleinentscheidung der Führungskraft.
    • Autokratisch AII: Die Führungskraft holt fehlende Informationen ein.
    • Konsultativ BI: Die Führungskraft berät sich mit relevanten Mitarbeitern.
    • Konsultativ BII: Die Führungskraft berät sich mit der Gruppe.
    • Demokratisch GII: Die Entscheidung wird gemeinschaftlich in der Gruppe getroffen.
    Je nach dem Führungsstil einer Firma (z.B. besonders auf Partizipation der Mitarbeiter bedacht), kann ein mögliches Ergebnis auch angeglichen bzw. in diesem Fall auf die niedrigere Entscheidungsebene übertragen werden. Nach folgenden Kriterien baut sich das Vroom-Yetton-Entscheidungsmodell auf:

    • A: Qualitätsanfordungen erfüllt?
    • B: Informationsstand der Vorgesetzten ausreichend?
    • C: Ist das Problem strukturiert?
    • D: Akzeptanz der Entscheidung unter den Mitarbeiter notwendig?
    • E: Akzeptanz der Mitarbeiter für autoritären Führungsstil?
    • F: Akzeptanz der Unternehmensziele unter den Mitarbeitern?
    • G: Bleibt die Gruppenkonformität nach der Entscheidung erhalten?
    Mit einfachen Ja/Nein-Entscheidungen kann auf diese Weise eine Lösung für eine komplexe Entscheidungsfrage gefunden werden.
  • Die Trittleiter-Methode

    Team-Entscheidungen können manchmal noch schwieriger sein als alleinige Entscheidungsprozesse. Deshalb dient diese Methode als Beispiel für eine gemeinschaftliche Entscheidungsfindung. Die einzelnen Mitglieder einer Gruppe, die ein konkretes Problem benannt haben, arbeiten dazu getrennt voneinander Lösungsansätze aus. Die beiden Kollegen, welche zuerst eine Lösung haben, bilden die Kerngruppe. Sie diskutieren das Problem und tauschen ihre Ansätze aus. Im Folgenden kommt wie bei einer Trittleiter immer ein weiteres Mitglied hinzu, dass zunächst seine Ideen ungestört präsentieren darf, bevor die Gruppe diese diskutiert. Der Vorgang wiederholt sich, bis alle Teammitglieder der Kerngruppe angehören. Im Idealfall kristallisiert sich so über die einzelnen Diskussionen ein Gesamtlösungsansatz heraus.
    Trittleiter-Methode

Ethische Entscheidungsfindung

Bei der ethischen Entscheidungsfindung ist es auch heute noch die Frage entscheidend, welche der Theologe Eduard Tödt 1977 als Grundlage definierte: „welche Rolle der Umgang mit Normen in dem konkreten Prozeß der ethischen Urteilsfindung spielt“. Barbara Bleischund und Markus Huppenbauer haben dazu 2011 ein Modell entwickelt, das helfen soll, Entscheidungen stets anhand konkreter Standards zu fällen.

Folgende Schritte sind im Modell der ethischen Urteilsbildung erforderlich:

  1. Recherche des Sachverhalts
  2. Herausarbeitung der relevanten Fragen und Konflikte
    Hierbei werden moralische Fragen von nicht-moralischen unterschieden.
  3. Sammlung der Argumente und Abgleichung mit moralischen Kriterien
  4. Gewichtung und Reflexion der Argumente
  5. Die Frage der Umsetzbarkeit wird erläutert

Anhand einer moralischen Beispielfrage könnte die Urteilsbildung folgendermaßen aussehen:

Fragestellung:

Ist es heute noch vertretbar Fleisch zu essen?

  1. Informationen über die Fleisch-Produktion, die Umweltrisiken, die medizinische Notwendigkeit der Eiweiß-Aufnahme für Menschen etc. zusammentragen.
  2. Konkrete Fragestellungen:

    • Kann der Konsum des Einzelnen den Markt verändern?
    • Können pflanzliche Eiweiße tierische ersetzen?
    • Wieviel Regenwald wird jährlich für die Tierhaltung abgeholzt?
  3. Beispiel „Markt“:

    ProContra
    Viele, die anders einkaufen, können viel bewirken Nur weil einer kein Fleisch isst, werden nicht weniger Tiere geschlachtet
    Biomärkte zeigen, dass auch wirtschaftl. Erfolg und Moral kein Widerspruch sein müssen Moralisch einzukaufen kann sich nicht jeder leisten
    Der Wille der Mehrheit muss in einer Demokratie hörbar werden/ der Mehrheit der Deutschen liegt das Tierwohl am Herzen Manche Konsumenten interessieren sich nicht für das Tierwohl
  4. Die Contra-Argumente der Markt-Fragestellung sind zwar durchaus nicht zu vernachlässigen, für eine allgemeingültige, moralische Entscheidung fallen sie aber nicht ins Gewicht.
  5. Die Umsetzbarkeit kann nur beim Einzelnen erfolgen. Ob politisch eingegriffen werden sollte, ist eine schwierige Frage, an der zuletzt die Partei die Grünen scheiterte. Die Erkenntnis, dass die Menschheit zu viel Fleisch konsumiert, mag schmerzhaft sein, doch ist sie unumgänglich. Die Konsequenz daraus wäre, den Konsum einzuschränken oder ganz aufzugeben. Dies ist der einzig moralisch vertretbare Ansatzpunkt sichtlich Armutsbekämpfung, Umweltschutz und der Zukunft späterer Generationen.

Das Beispiel zeigt, wie komplex moralische Fragestellungen sein können. Hier geht es weniger um Psychologie wie bei der Entscheidungsfindung des Einzelnen und der Gruppe als um Philosophie, also eine moralische Entscheidungsfindung für die Gesellschaft.

Coaching-Methoden zur Entscheidungsfindung

Wer bei der Entscheidungssuche nicht weiterkommt, dem können unterschiedliche Methoden aus dem Coaching weiterhelfen. Sie dienen als Hilfestellungen und vermitteln dem Entscheidungsträger Sicherheit und Willenskraft für einen Entschluss:

Gegenwind

Im Zuge dieser Methode tritt der Coach als Advokat dioboli auf und versucht, dem Klienten jeweils beide seiner Lösungsansätze auszureden. Der Gegenwind, der ihm plötzlich in der Diskussion entgegenschlägt, hilft dem Klienten, seine Prioritäten zu ordnen. In der anschließenden Reflexion kann dieser erkennen, bei welcher der beiden Entscheidungen ihm die Gegenargumentation schwerer fiel und welche Argumente des Coaches er im Nachhinein unterschreiben würde.

Prozess der integrativen Entscheidungsfindung

Diese Methode ist eine moderierte Team-Sitzung, die zur Entscheidung eines Problems oder zur Beilegung von Spannungen dient. Der Coach sorgt dafür, dass folgender Ablauf eingehalten wird:

  1. Vorstellung des Problems/ Darlegungen von Wünschen, Verbesserungsvorschlägen
    Wichtig ist, dass dieser Schritt nicht von Diskussionen oder Suggestivfragen gestört wird, sondern es sich um die rein sachliche Klärung des Problems handelt.
  2. Sammlung spontaner Reaktionen
    Der Coach lässt jeden Teilnehmer einzeln zu Wort kommen, die Reaktionen werden von den Anderen möglichst nicht bewertet.
  3. Mögliche Verbesserungsvorschläge optimieren
    Angepasst an die spontanen Reaktionen sollen die Teammitglieder ihre vorherigen Ansätze überdenken.
  4. Sammlung von sachlichen Einwänden
    Entscheidend ist dafür, dass der Moderator wieder jeden einzeln befragt. Fragen oder Diskussionen sind auch hier nicht erwünscht.
  5. Einwände integrieren
    Der Coach moderiert die offene Diskussion und versucht mit den Mitgliedern die Einwände in verbesserte Vorschläge einzuarbeiten, bis alle Widersprüche geklärt sind.

Tetralemma

Bei dieser systemischen Strukturaufstellung handelt es sich um eine Methode, die dazu dient, bei einer Entscheidungsfrage zwischen zwei Alternativen den eigenen Handlungsspielraum zu erweitern , einen neuen Blickwinkel einzunehmen und sich damit persönlich weiter zu entwickeln. Dieses logische Schema, das von Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer entwickelt wurde, hat aber auch eine emotionale Komponente, denn der Klient soll ganz bewusst auf sein Bauchgefühl hören.

Die vier Entscheidungsmöglichkeiten im Tetralemma:

  1. Das Eine.
  2. Das Andere.
  3. Beide Alternativen gleichzeitig umsetzen.
  4. Keines von Beidem.
  5. All dies nicht und selbst das nicht.

Am überraschenden mögen die Positionen 3. und 4. anmuten, jedoch können sie bei einer positiven Bewertung durch den Coachee im Nachgespräch auf ihre Umsetzbarkeit geprüft werden. Häufig sind diese Ergebnisse weniger absurd, als es zunächst scheint. Die 5. Möglichkeit wirft ein Licht auf weitere kreative Denkprozesse, die durch das Tetralemma angestoßen werden können.

Die Zeitmaschine

Die Zeitmaschine ist ein Coaching-Tool von Martin Hagen und Eberhard Hauser, das Entscheidungsfindungen erleichtern soll. Außerdem soll es dabei helfen, Handlungsoptionen aus einer zukünftigen Perspektive zu entdecken.





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